Maßgeblich ist die Temperaturabhängigkeit der remanenten Dehnung und der Koerzitivfeldstärke unterhalb der Curie-Temperatur. Dadurch ändern sich zum einen die erreichbare Auslenkung bei elektrischer Ansteuerung und zum anderen die Abmessungen des Piezokeramikelements.
Je kühler der Piezoaktor ist, umso größer sind die remanente Dehnung Srem und die Koerzitivfeldstärke Erem (Abb. 1).
Die Kennlinien verlaufen bei abnehmenden Temperaturen immer flacher, wodurch der durch eine unipolare Ansteuerung induzierbare Dehnungsanteil immer geringer wird, obwohl die Gesamtamplitude der bipolaren Dehnungskurve sich über weite Temperaturbereiche kaum verändert. Die remanente Dehnung ist umso größer je geringer die Temperatur ist. Insgesamt hat die Piezokeramik einen negativen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, d. h. die Piezokeramik verlängert sich. Zum Vergleich: Eine Strukturkeramik zieht sich bei Abkühlung mit einem relativ geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten zusammen. Dieser überraschende Effekt ist umso stärker, je vollständiger die Piezokeramik polarisiert ist.
Auslenkung in Abhängigkeit von der Temperatur
Wie stark sich eine Kenngröße des Piezoaktors mit der Temperatur ändert, ist vom Abstand zur Curie-Temperatur abhängig. PICMA® Aktoren besitzen eine relativ hohe Curie-Temperatur von 350 °C. Ihre Auslenkung ändert sich zu hohen Einsatztemperaturen nur um den Faktor 0,05 %/K.
Bei kryogenen Temperaturen verringert sich die Auslenkung. Piezoaktoren erreichen bei unipolarer Ansteuerung im Temperaturbereich von flüssigem Helium noch 10 bis 15 % der Auslenkung bei Raumtemperatur.
Deutlich höhere Auslenkungen bei tiefen Temperaturen können durch eine bipolare Ansteuerung erzielt werden. Da die Koerzitivfeldstärke bei Abkühlung ansteigt, ist es möglich, den Aktor mit höheren Spannungen auch entgegen seiner Polarisationsrichtung anzusteuern.
Abmessung in Abhängigkeit von der Temperatur
Der Temperaturausdehnungskoeffizient eines vollkeramischen PICMA® Stack Aktors beträgt näherungsweise -2,5 ppm/K. Dagegen führen in einem PICA Stack Aktor die zusätzlichen Metall-Kontaktplättchen sowie die Klebstoffschichten zu einer nichtlinearen Charakteristik mit einem positiven Gesamtkoeffizienten (Abb. 3).
Wird ein Positioniersystem im geschlossenen Regelkreis betrieben, so eliminiert dies neben Nichtlinearität, Hysterese und Kriechen auch die Temperaturdrift. Die dafür vorzuhaltende Regelreserve reduziert jedoch die nutzbare Auslenkung.
Daher wird häufig die Temperatur-drift durch eine geeignete Auswahl der beteiligten Materialien, der Aktortypen oder des Systemdesigns passiv kompensiert. Beispielsweise haben vollkeramische PICMA® Bender Aktoren aufgrund ihres symmetrischen Aufbaus eine minimale Temperaturdrift in Auslenkungsrichtung.
Temperatureinsatzbereich
Der Standard-Temperatureinsatzbereich verklebter Aktoren beträgt -20 bis 85 °C. Durch die Wahl von Piezokeramiken mit hohen Curie-Temperaturen und geeigneten Klebstoffen kann dieser Bereich erweitert werden. Die meisten PICMA® Multilayer-Produkte sind für den erweiterten Bereich von -40 bis 150 °C spezifiziert. Mit speziellen Loten kann der Temperaturbereich noch weiter nach oben ausgedehnt werden, so dass Sondermodelle von PICMA® Aktoren von -271 °C bis 200 °C, d. h. über eine Spanne von nahezu 500 K einsetzbar sind.